Ursprünge des Sommeliers

15. Februar 2023

von Nicola Buchner

Mesopotamien, Griechenland und Ägypten
Die Anfänge des Sommeliergedankens finden sich in den Symposien des alten Mesopotamiens, Griechenlands und Ägyptens. Das Symposium war eine Veranstaltung mit Gastmahl und einem hohen Konsum an Wein und anderen inspirierenden Getränken zu besonderen Gelegenheiten, wobei meist philosophische Fragestellungen diskutiert wurden. Zu Beginn wurde das Mischungsverhältnis Wasser/Wein bestimmt, um das sich der Symposiarch (Griechenland und Ägypten) bzw. der "Shagü" (Mesopotamien) kümmerte. Das Verdünnen mit Wasser war damals üblich, da der reine Wein allein den Göttern vorbehalten war.

Frankreich
In den französischen Klöstern des Mittelalters betraute der Kellermeister (cellérier) die ihm unterstellten Mönche mit dem Servieren des Weines bei Tisch. Die Mönche wiederum bestimmten eine Art "Tageskellner" für den Weinausschank und prägten damit den Begriff des "Echansons" (=Mundschenk). Aus dem „Echanson" wurde im Laufe der Zeit der "Bottigliere" (Kellermeister) bzw. "Goppiere" (Mundschenk): ein Bediensteter, der seinem Herrn bei Tisch den Wein serviert. Parallel dazu entstanden die Berufe des "Sommier" und des "Sommelier". Das Wort Sommelier leitet sich vom lateinischen "sagmarium" ab, dem Mann, der die "Bürde" trägt, während mit dem Wort "Sommier" zunächst das Beladen der Lasttiere bezeichnet wurde. Der Begriff Sommelier wurde mit den Jahren an den französischen Höfen immer häufiger für die Bedientesten verwendet, die mit der Vorbereitung der "Gedecke" und der Organisierung der Bedienung beauftragt waren (Sommelier-Echansonnier).

Im 18. Jahrhundert fand der Sommelier in den Schriften des Herzogs von Savoyen unter dem Namen "Somigliere di bocca e di Corte" (Mund- und Hofsommelier) Erwähnung. Die "Somiglieri" waren für den Einkauf von Wein und Trauben sowie dem „Siegeln" der Fässer zuständig. Hierfür erhielten Sie einen Siegelring mit den herzoglichen Insignien. Die Somiglieri wurden außerdem in den Beamtenstatus erhoben.

Vom Hof in die Gastronomie
Mit dem hochkorrekten und peniblen Servieren an den adeligen Höfen als Vorbild, schafft die große Kultur der Restaurant- und Hotelbetriebe im 19. Jahrhundert die Grundlage für das klassische Servieren des Weines bei Tisch. Die „Grand Cuisine" setzte sich in den Pariser Hotelrestaurants durch und brachte die ersten wahren Sommeliers hervor. Der Begriff erlangte schnell weltweite Bekanntheit. Seit 1812 wird der „Sommelier" als Berufsbezeichnung in der Gastronomie verwendet.

Der Begriff Sommelier
Die aktuelle Definition des Sommeliers im Dictionnaire du Vin lautet: eine professionelle Person, die mit der Auswahl und dem Servieren von Wein, Likören und Getränken an einem privaten oder ähnlichen Ort, in einem Hotel oder Restaurant oder in einer anderen öffentlichen Einrichtung beauftragt ist. Er steht in Kontakt mit dem Verbraucher und kann sich, je nach Zuständigkeit, mit dem Einkauf und der Lagerung der Weine sowie der Verwaltung des Kellers befassen und außerdem eventuell Buch über die Eingänge und Ausgänge der Flaschen führen.

Masters of Wine
Die Zertifizierung zum „Master of Wine“ wurde 1953 von der „Wine and Spirits Organisation“ und der „Vintners‘ Company“ erstmals organisiert. Ziel war es, eine Weiterbildungsmöglichkeit für Weinhändler in England zu schaffen und die besten und talentiertesten Händler auszeichnen zu können. Von den 21 Teilnehmern der ersten Zertifizierung bestanden sechs die Prüfung. Diese Sechs gründeten 1955 das „Institute of Masters of Wine“ (IMW).

Im Laufe der Jahrzehnte wurde die Ausbildung auch Teilnehmern außerhalb von England und des Weinhandels geöffnet, so dass es heute 450 aktive Master of Wines (MW) in über 40 Ländern der Welt gibt. Die Ausbildung selbst dauert mehrere Jahre und schließt mit einer dreiteiligen Prüfung ab: ein Theorieteil, eine 30-minütige Blindverkostung von 12 Weinen und eine schriftlichen Arbeit. Nach Bestehen darf der Kandidat als Member in das IMW eintreten und die Abkürzung MW nach dem Namen tragen. Die Members sind hauptsächlich in den Branchen Weinanbau, Handel, Beratung und Journalismus beschäftigt.

www.masterofwine.org

The Court of Master Sommeliers
Die Vinters‘ Company (eigentlich The Worshipful Company of Vintners), die es urkundlich seit 1364 gibt, und das Institute of Masters of Wine schlossen sich mit der British Hotel & Restaurants Association, der Wine & Spirit Association of Great Britain und der Wholesale Tobacco Trade Association zusammen, um eine weitere Prüfungskommission zu bilden. Zielgruppe sollten Servicekräfte in Restaurants und Hotels sein.

Die Prüfung sollte Servicekräfte dazu motivieren, sich ein umfassendes Wissen anzueignen und zu lernen, Weine professionell in der Gastronomie zu verkaufen. Dies unterschied sie zu den Masters of Wine, die hauptsächlich Importeure und Händler waren. Die heutige hochwertige Weinkultur zu Tisch gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht und Wissen auf dem Gebiet war nicht leicht zu beschaffen. Da die meisten Teilnehmer aus diesem Grund die Prüfung nicht bestanden, stellten die Organisationen einen mehrstufigen Lehrgang als Vorbereitungskurs zusammen und bildeten mit den ersten Absolventen den Court of Master Sommeliers, der sich bald international etablierte. Die höchste Prüfung des Master Sommelier Diploma hat bis heute den Ruf einer der schwierigsten Prüfungen der Welt zu sein, bei dem die Teilnehmer bis zu 12 Anläufe brauchen. Die Bestehens-Quote liegt bei 3-8%. Die Absolventen dürfen sich „Master Sommelier“ nennen und das „MS“ hinter dem Namen tragen.

Die obersten Ziele des Court of Master Sommeliers sind anderen Teilnehmer zu helfen, Master Sommeliers zu werden, und den sehr hohen Status des Sommeliers und des Service in der Gastronomie zu halten. Der Court of Master Sommeliers hat einen Service Standard veröffentlicht, der auch bei den Prüfungen als Maßstab gilt: Link zu Service Standards

www.courtofmastersommelier.org

Der Plan ist aufgegangen: es wurden Weinexperten auf höchstem Niveau geschaffen, die sich ein umfangreiches Wissen angeeignet haben und ausgewählte Produkte hochpreisig verkaufen können. Aber sie haben es auch geschafft, eine einzigartige Kultur zu kreieren, sowie den hohen Status und die Wertschätzung für Wein weltweit zu etablieren.

Und wie steht es um die Wertschätzung für andere Getränke und Lebensmittel?
Die Wertschätzung für Lebensmittel hat in unserem schnellen Alltag meist wenig Platz und ist bei vielen Menschen verloren gegangen. Zurückführen lässt sich das auf die Zeitknappheit im Alltag, dem Aufkommen des Convenience Foods und auf die ständige Verfügbarkeit aller Lebensmittel zu einem niedrigen Preis. So gut wie alles ist schnell, billig, selbstverständlich und vor allem in großen Mengen zu haben. Es ist sogar so viel verfügbar, dass es weggeworfen werden muss: ein Drittel aller produzierten Lebensmittel landet ungenutzt in der Tonne. Die Verbindung zu unserem Essen geht immer mehr verloren.

Da macht es doch Sinn, den Plan wieder aus der Schublade zu holen und ihn auf weitere Lebensmittel und Produkte zu übertragen. Produkte, die ebenfalls unsere Wertschätzung verdient haben. Traditionsreiche und Kulturschaffende Produkte, die den Menschen seit Jahrhunderten und Jahrtausenden begleiten und prägen. Produkte, die wahnsinnig vielfältig sind und durch ihren hohen Genusswert das Leben uneingeschränkt bereichern können. Produkte, die eigentlich zu besonders sind, um sie nur als „Produkte“ zu bezeichnen. Produkte, die eben wahre „Genussmittel“ sind.

Das weltweite Aufkommen der Fachsommeliers in den verschiedensten Branchen hat über die Jahre merkbar zugenommen und ist ein gutes Zeichen: es bedeutet, dass der Wunsch da ist, sich Wissen anzueignen und es weiterzugeben, um die Wertschätzung und das Bewusstsein für Qualität zu heben. Es bedeutet, dass der Wunsch da ist, Gäste und Kunden sinnvoll beraten zu können, mit mehr Genuss leben zu wollen, Vielfalt zu genießen und sich Zeit nehmen zu wollen. Beschäftigt man sich mit den einzelnen Genussmitteln wird sehr schnell klar, wie komplex und umfangreich jedes für sich ist und wie wichtig es ist, Experten zu haben, die jeweils einen Einblick in „ihr“ Genussmittel geben können.

Bereits seit 20 Jahren gibt es nun auch schon das Biersommelierwesen. Über 2000 deutschsprachige und über 6000 internationale Absolventinnen und Absolventen leben und zelebrieren Bier in all seinen Facetten.

Autorin

Nicola Buchner
Geschäftsführung Verband der Diplom Biersommeliers
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